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Gedanken für die Praxis – Nr. 36

Schlagfertig sein! Nur wie am besten? Und ist es überhaupt notwendig?

 Schlagfertigkeit ist für manche Menschen beinahe etwas Wundersames – dies beschreiben auch die folgenden Zitate sehr treffend: „Schlagfertigkeit ist jede Antwort, die so klug ist, dass der Zuhörer wünscht, er hätte sie gegeben“ (Elbert G. Hubbard) oder „Schlagfertigkeit ist etwas, worauf Du erst 24 Stunden später kommst.“ (Mark Twain).

Doch Schlagfertigkeit ist bis zu einem gewissen Grade erlernbar. Zwei Voraussetzungen sollten jedoch zumindest situativ vorhanden sein: Spontaneität und Mut zum Danebenliegen.

Wenn Sie schlagfertig sein wollen oder müssen, beantworten Sie auf jeden Fall, bevor Sie in ein Gespräch gehen, mindestens die beiden folgenden Fragen: 1. Wieviel Humor versteht mein Gesprächspartner? 2. Will ich auch in Zukunft mit ihm gut zusammenarbeiten? Denn Schlagfertigkeit erweist sich in der Regel als Gratwanderung, bei der von beiderseitigem Lachen bis hin zum (temporären) Absturz der Beziehung zum Gegenüber vieles passieren kann. Ambrose Gwinnett Bierce definiert: „Schlagfertigkeit: Erwiderung in Form einer vorsichtigen Beleidigung.“ Nicht zuletzt kommt es darauf an, mit welchem der vier von Friedeman Schulz von Thun definierten Ohren Ihr Gegenüber Ihnen gerade zuhört.

Wie können Sie schlagfertig reagieren?

Mut zum Danebenliegen und Spontaneität wurden bereits erwähnt. Darauf aufbauend können Sie bestimmte Techniken trainieren und nutzen, um schlagfertiger zu werden. Drei ausgewählte davon sind:

1) Stellen Sie taktisch kluge und geschickte, ja bisweilen pfiffige (Rück-)Fragen. Die einfachste aller Rückfragen ist so zu tun, als hätten Sie Ihr Gegenüber akustisch nicht verstanden: „Wie bitte?“. Probieren Sie es aus und achten Sie auf die Reaktionen Ihrer Gesprächspartner.
2) Sprechen Sie mit eigenen Worten denjenigen Punkt übertrieben aus, den Ihr Gegenüber kritisiert oder mit dem er Sie in die Enge treiben will. Auf den „dezenten“ Hinweis „Wie ich Ihnen bereits schon gesagt habe …“ kontern Sie mit „Sie halten mich wohl für zu dumm, Ihre Worte sofort zu ver-stehen. Richtig?“ Fast immer werden Sie eine bemerkenswerte Reaktion erleben.
3) Nutzen Sie – beinahe komödienhaft – die mehrfachen Bedeutungen, die viele Worte haben. Den häufigen Satz im Businessalltag „Verstehen Sie mich noch, kommen Sie noch mit?“ parieren Sie mit „Wohin?“.

Wichtig: Lösen Sie unbedingt nach Ihren Worten den Blickkontakt mit Ihrem Gegenüber, außer Sie haben eine (Rück-)Frage gestellt.

Nützlich für schlagfertiges Reagieren ist zudem, wenn Sie über einen großen Wortschatz verfügen. Dieser eröffnet Ihnen ungeahnte Kommunikationsmöglichkeiten – generell und beim Thema „Schlagfertigkeit“.

Entgegen dem Mainstream, Schlagfertigkeit sei immer etwas Nützliches, lassen Sie mich die Frage stellen: Müssen Sie überhaupt schlagfertig sein, um andere Menschen für Ihr Anliegen zu gewinnen?

„Schlagfertigkeit“ beinhaltet neben der „Fertigkeit“ auch den „Schlag“. Und häufig wirkt Schlagfertigkeit auch wie ein Schlag ins Gesicht des Gegenübers. Gekonnte Schlagfertigkeit ist ein guter Überraschungseffekt und „öffnet“ Türen. Weniger gekonnte Schlagfertigkeit mag durchaus auch überraschen, doch sie geht fast immer auf Kosten des Gesprächspartners. In einem Verkaufsgespräch beispielsweise kommt Schlagfertigkeit aus Sicht des Kunden der Gratwanderung gleich zwischen „das wirkt toll und humorvoll“ und „das wirkt arrogant und verletzend“. Und dieser Grat ist meist schmal.

Eine auf den ersten Blick schlagfertige Antwort von Ihnen kann Ihr Gegenüber zu einer noch stärker wirkenden Reaktion motivieren, worauf Ihnen im Zweifel nun nichts mehr einfällt. Oder – noch schlimmer – Ihre Schlagfertigkeit stellt Ihr Gegenüber unnötigerweise bloß. Und unterschätzen Sie bitte nicht die häufig negative Wirkung Ihrer Schlagfertigkeit im Unterbewusstsein Ihres Gegenübers – gerade auch dann, wenn er keine passenden Antworten findet. Auch hier gilt das Motto: „Man sieht sich im Leben mindestens zweimal.“

Schlagfertigkeit, gekonnt und mit Fingerspitzengefühl praktiziert, ist ein sehr nützliches Mittel, um überzeugend und öffnend zu kommunizieren. Es versteht sich von selbst, dass nicht jede Technik zu jeder Situation und jedem Gesprächspartner passt. Doch keine Sorge: Sie werden dafür relativ schnell ein gutes Gespür entwickeln.

Und bitte denken Sie daran, der Weg hin zum kommunikativen Flop ist meist ein sehr kurzer. Deshalb entwickeln Sie Ihr Gefühl für Ihre eigene Schlagfertigkeit in unkritischen Situationen und mit Personen, die Ihnen im Zweifel auch ein ehrliches Feedback geben.

Ich wünsche Ihnen stets ein gutes Näschen dafür, wann und wie Schlagfertigkeit angebracht und hilfreich ist.

Kommen Sie jederzeit gerne auf mich zu, wenn Sie oder Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Schlagfertigkeit und das überzeugende Auftreten allgemein verfeinern und trainieren wollen.

Mit herzlichen Grüßen, Ihr Peter A. Worel

Den gesamten Text als pdf zum Herunterladen erhalten Sie mit nachfolgendem Link:
Gedanken für die Praxis – Nr. 36.pdf


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